Verbreitung der Großen Moosjungfer in Kärnten
Hintergrund des Projektes
Die in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gemäß der Anhänge II und IV genannte Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) galt in Kärnten bis vor 20 Jahren noch als ausgestorben/verschollen. Erfreulicherweise konnte diese Art in den letzten beiden Jahrzehnten an mehreren Orten wieder nachgewiesen werden, darunter an mindestens zwei Orten auch bodenständig.
Ziel des vom Naturwissenschaftlichen Vereines für Kärnten im Jahr 2019 unterstützten Projektes war es, einen Überblick über die aktuelle Verbreitung der Großen Moosjungfer in Kärnten zu bekommen und Maßnahmenvorschläge auszuarbeiten, um die Bestände zu erhalten und zu stärken.
Beschreibung
Die Große Moosjungfer ist eine dunkel gefärbte, mittelgroße Libelle mit auffallend weißer Stirn (bei beiden Geschlechtern) und großen Farbflecken auf der Oberseite des Hinterleibes. Beim Männchen wandeln sich die zuerst gelben Flecken einige Tage nach dem Schlupf in ein dunkles Rotbraun, lediglich auf dem 7. Hinterleibssegment verbleibt ein gelbes "Schlusslicht". Beim Weibchen sind die Flecken stärker ausgedehnt als beim Männchen und bleiben dottergelb.
Biologie der Großen Moosjungfer
Die Große Moosjungfer kommt an Moorgewässern und aufgelassenen Torfstichen, aber auch moorigen und anmoorigen Teichen sowie Zwischenmoorbereichen vor, die sie während einer bestimmten Phase der Verlandung besiedelt. Bevorzugt werden kleinere, fischfreie, strukturreiche, windgeschützte und teils besonnte mesotrophe, leicht saure bis schwach basische Gewässer, die mit emersen (Wasserpflanzen, die über die Wasseroberfläche hinausragen, v. a. Rohrkolben) und submersen Pflanzen unterschiedlich dicht bewachsen sind. Völlig zugewachsene Gewässer werden von der Art gemieden. Die Hauptflugzeit dauert etwa von Mitte Mai bis Ende Juni.
Beobachtungen von Einzeltieren an Stellen, die viele Kilometer entfernt von bekannten Entwicklungsstandorten liegen, deuten darauf, dass die Art weit herumfliegt und deshalb möglicherweise auch relativ leicht neue Gebiete besiedeln kann.
Verbreitung und Gefährdung
Das Verbreitungsareal erstreckt sich von der europäischen Festland-Atlantikküste bis nach Westsibirien. In Europa werden die Vorkommen südlich von einer gedachten Linie Pyrenäen-italienischer Alpensüdfuß-Türkei begrenzt und reichen im Norden bis nach Südskandinavien. In Österreich ist sie mit Ausnahme von Vorarlberg in allen Bundesländern nachgewiesen.
Leucorrhinia pectoralis ist in Mitteleuropa allgemein selten bis sehr selten, regional ausgestorben und nur an wenigen Lokalitäten noch häufig.
Ergebnisse
Die Untersuchung aus dem Jahr 2019 ergab, dass Große Moosjungfer in Kärnten an zumindest 5 Standorten vorkommt (an zumindest drei davon auch bodenständig) und darüber hinaus potenziell dauerhaften Lebensraum vorfinden würde, dass aber Neuanlagen von geeigneten Larvengewässern und deren regelmäßiges Management notwendig wären, um den Bestand dieser Art dauerhaft zu sichern.
Im Zuge der Untersuchung konnten auch bodenständige Vorkommen anderer in Kärnten stark gefährdete Libellenarten nachgewiesen werden, darunter die Schwesternarten Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia) und Zierliche Moosjungfer (Leucorrhinia caudalis), sowie die Große Quelljungfer (Cordulegaster heros) und die Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica).
Mittlerweile (Stand Ende 2022) konnte die Große Moosjungfer an weiteren drei Standorten in Kärnten nachgewiesen werden, davon an zwei Standorten höchstwahrscheinlich bodenständig. In Summe sind damit derzeit 8 Vorkommen der Großen Moosjungfer in Kärnten bekannt. Mindestens 5 davon sind als bodenständig einzustufen.
Umsetzungsmaßnahmen
Im Jänner 2021 wurde in der Nähe eines Fundortes der Großen Moosjungfer im Bereich Lendspitz (Natura 2000- und Europaschutzgebiet "Lendspitz-Maiernigg") in Klagenfurt aus Mitteln der Abgabe für die Inanspruchnahme der Natur und in Koorperation mit dem E.C.O.-Institut für Ökologie ein Kleingewässser gebaggert. Ein weiteres folgte im Februar, und zwar im Bereich Maiernigg des selben Schutzgebietes.
Im Februar 2022 wurden aus Mitteln des Landes Kärnten zwei Gewässer im Bereich des Raunachmooses angelegt. Diese Baggerarbeiten gestalteten sich äußerst herausfordernd und gefährlich, da der Untergrund nur aus einer knapp einen Meter dicken sehr weichen Vegetationsschicht (Wurzeln von Gräsern und wenigen Sträuchern) bestand. Darunter befand sich Wasser und Schlamm bis in einer Tiefe von mindestens 4 Metern.
Der Bagger musste auf eigens angefertigten mobilen Holzfloßen zufahren und während der ganzen Arbeiten stehen.
Im Februar 2023 sind weitere Gewässeranlagen im Bereich des Hörfeld-Moores geplant, ebenfalls einem Bereich nahe eines Fundortes der Großen Moosjungfer.
Mittelfristig sollen noch weitere Gewässer folgen, sodass die Große Moosjungfer weitere Möglichkeiten zur Fortpflanzung erhält und das Überleben dieser Art in Kärnten wahrscheinlicher wird.