Die Kopfweiden in Kärnten
Bäume mit Köpfchen
Wer kennt sie noch, die alten knorrigen Bäume, die regelmäßig "geköpft" werden und teils schon mit hohlem Stamm immer noch Jahr für Jahr austreiben, aus deren langen dünnen Ruten Körbe geflochten oder Palmbuschen verziert werden?
Die Arge NATURSCHUTZ hat sich als Ziel gesetzt, diese "Geschöpfe" in Kärnten näher zu untersuchen und wieder neu ins Bewusstsein zu rücken.
Diese Seite soll dem Wissens- und Informationsaustausch dienen und wird Schritt für Schritt zu einer Informationsplattform ausgebaut.
Interessierte Menschen können hier Vielfältiges und Aktuelles über neue Nutzungsformen von Kopfweiden erfahren und Kontakte knüpfen, wenn es z. B. darum geht, Kopfweidenprodukte anzubieten oder an den Mann/die Frau zu bringen.
- Kennen Sie einen Kopfweidenstandort in Ihrer Nähe? Wissen Sie interessante Details über/rund um diesen Bestand? Helfen Sie uns, einen Überblick über das Vorkommen und die Nutzung von Kopfweiden in Kärnten zu erhalten!
- Brauchen Sie Unterstützung bei der Pflege und Neupflanzung von Kopfweiden - wir beraten Sie gerne!
- Haben Sie Fragen zum Thema Kopfweiden oder Ideen für neue Nutzungsformen von Kopfweiden?
Gerne bemühen wir uns um Ihre Anliegen!
DI Roland Schiegl
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Was ist eine Kopfweide?
Kopfweiden gehören zu den ältesten Kulturlandschaftselementen Mitteleuropas. Man findet sie meist entlang von Bachläufen, Wiesengräben, Grenzen, Teichen und auf Feuchtgrünland. Es handelt sich hierbei nicht um eine Weidenart, sonder um ein Ergebnis einer bestimmten Nutzungsform. Dabei werden verschiedene Weidenarten regelmäßig in ein bis vier Metern Höhe geschnitten. An dieser Schnittfläche treiben immer wieder neue Zweige mit verstärktem Längenwuchs. Durch regelmäßigen, über Jahre hinweg dauernden Schnitt der Austriebe entsteht das typische kugel- oder kopfförmige Erscheinungsbild einer Kopfweide.
Warum dieser "radikale" Schnitt?
Viele Beispiele in der bäuerlichen Kulturlandschaft Kärntens zeigen den Vorteil des "Köpfens" der ausschlagsfreudigen Weiden. Er liegt in der optimalen Mehrfachnutzung des Standortes: "oben" die Gewinnung von Holz- bzw. Rutenmaterial, "unten" drunter wird geweidet, gemäht oder geackert. Durch den regelmäßigen Schnitt der Krone wird die Beschattung gering gehalten und eine vielseitige Bewirtschaftung auf engstem Raum möglich. Uralte Kopfweidenbestände entlang von Uferböschungen und steilen Geländekanten lassen ihre Qualitäten in der Hangbefestigung und –sicherung erkennen. Entlang solcher "Ränder" liegt auch heute hohes Potential für Neupflanzungen.
Verwendung von Kopfholz und Weidenruten in früheren Zeiten
Die Weidenäste wurden in Kärnten für unterschiedlichste Zwecke verwendet:
- Brennholz
- Flechtmaterial für die Herstellung von Körben und sonstigen Gebrauchsgegenständen (Bienenkörbe, Kinderwagen, Schlittensitzwand, Wagenaufbauten, Möbel, Brotreme, Schüsselkörbe, Flechtwände, etc.)
- Teil von Palmbuschen und –besen
- Nutzholz für die Zündholzindustrie
- Weidenfaschinen zur Böschungssicherung im Flussbau
- Schnurersatz
- Zaunringe
- Bienenweide
- Heilmittel in der Volksmedizin
- etc.
Naturschutzfachliche Bedeutung
Kopfweiden haben eine überaus wichtige naturschutzfachliche Bedeutung. Dickstämmige, alte Kopfweiden mit den vielen Kleinlebensräumen am und im Stamm gehören zu den tierartenreichsten Pflanzenarten in Österreich. Allein über 180 Insektenarten sind auf diese Baumart angewiesen.
Spechte sorgen für ein reiches Höhlenangebot, das wiederum anderen Folgenutzern wie Steinkauz, Wendehals, Wiedehopf, Meisen oder anderen höhlenbrütenden Vögeln zugute kommt.
Die Höhlen bieten auch einigen Säugetierarten wie z. B. Fledermäusen oder Bilchen Unterschlupfmöglichkeiten.
Kopfweiden selbst können manchmal Lebensraum für andere Pflanzen sein. Hat sich genug Mulm angesammelt, wachsen Brennnessel, Löwenzahn, Himbeere oder Schwarzer Holunder – um nur einige zu nennen – ohne den "Gastgeber" parasitär zu schädigen, quasi am Kopf der Kopfweide.
Natürlich ist auch die Zahl der an Kopfweiden vorkommenden Pilzarten sehr hoch.
Gefährdung
Durch nachlassendes Nutzungsinteresse, Gewässerregulierungen, Flurbereinigungen oder Grundstückszusammenlegungen und die mittlerweile meist unwirtschaftlich gewordene Pflege sind die letzten übrig gebliebenen Kopfweidenbestände massiv bedroht. Deshalb stellen die Erhaltung und Pflege von Kopfweidenbeständen, sowie das rechtzeitige Nachpflanzen von Jungbäumen einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz, der Vielfalt unserer Kulturlandschaft sowie für den Erhalt eines alten Kulturgutes dar!
Verwendung heute
- Heute wird das Holz von Kopfweiden hauptsächlich als Brennholz verwendet, sowohl als Stückgut, wie auch immer mehr als Hackschnitzel.
- Die in verschiedenen Gelb- und Orange-Tönen gefärbten Äste der Dotterweide werden noch vielfach zum Binden oder als Bestandteil von Palmbuschen verwendet.
- Kopfweiden können durch ihre imposante Form und durch die Zweigfarbe einen außergewöhnlichen landschaftlichen Reiz darstellen und den Erholungswert der heimischen Kulturlandschaft aufwerten. Vor allem im Winter setzt die Dotterweide im Garten mit ihrer prächtigen Färbung und der archaischen Struktur als Kopfweide wirkungsvolle Akzente.
- Aus lebenden Weidenruten werden verschiedenste Bauwerke gemacht: Weidenzäune, Weidentipis, Weidentunnels oder ganze Bauwerke aus lebenden Weidenruten.
- Aus getrockneten Weideruten lassen sich verschiedenste Flechtwerke (Körbe aller Art und Formen, Zäune, Kugeln, Sichtschutzwände, Stühle, Wandverzierungen, etc.) und Dekorations-Materialien herstellen (Weidenbüschel, etc.).
- (Kopf-)Weiden lassen sich hervorragend als lebende Ufer-, Böschungs- und Hangsicherung einsetzen.
Pflege und Neupflanzung
Die Pflege der Kopfbäume sollte alle 5-7 (längstens 10) Jahre erfolgen. Das Intervall hängt von der Baumart, der Dicke der Äste und deren Nutzungsart sowie des Standortes ab. Wichtig ist, dass keine Kopflastigkeit eintritt und der Baum zu zerbrechen droht. Sozusagen als Faustregel gilt, dass die Zweige nicht dicker als 10 cm werden sollten. Der Schnitt sollte in den Herbst- oder Wintermonaten bis spätestens Ende Februar stattfinden. Dabei werden die Äste nahe dem Kopf entfernt (Abstand max. 5 cm). Bei größeren Kopfweidenbeständen sollten nie alle Bäume auf einmal geköpft werden.
Damit Kopfweidenbestände nicht überaltern, sollten rechtzeitig Jungbäume nachgepflanzt werden. Gut geeignetes Pflanzgut sind Äste von mindestens 5 cm Durchmesser und drei Metern Länge, die z. B. beim Kopfbaumschnitt anfallen. Diese Äste werden im Herbst oder Frühjahr (vor dem Laubaustrieb) etwa 70 cm tief eingesetzt. Alle Seitenzweige werden mit Baumsäge oder -schere glatt am Stamm abgetrennt. Die Stecklinge sollten gegen Wildverbiss und Verfegen geschützt werden. Im ersten Jahr werden alle Triebe bis auf diejenigen im Bereich der Kopfregion durch Abknicken mit dem Daumen entfernt (die Triebe sollten unbedingt noch unverholzt sein), weil sonst die Nahrung den bodennahen Austrieben statt dem Kopf zugute kommt. An 15 bis 20 cm der Kopfregion lässt man die Triebe jedoch wachsen und kürzt sie erst im nächsten oder übernächsten Winter, nun bereits verholzt, auf etwa Daumenbreite ein. Nach vier Jahren ist die junge Kopfweide schon Wirklichkeit.
Sollten innerhalb kürzerer Zeit schon mehrjährig aussehende Kopfbäume erreicht werden, können bis 15 cm dicke Äste eingegraben oder mit einer Baggerschaufel in den Boden gerammt werden (hier sollte die Setzstange vorher zugespitzt und das obere Ende mit einem Brett vor dem Zersplittern geschützt werden).
Eine weitere Möglichkeit, Kopfweiden zu erhalten, wäre die Umwandlung von bestehenden Weiden zu Kopfweiden.
Förderungen
Folgende Förder-Möglichkeiten von Kopfweiden gibt es im Moment in Kärnten:
- N.A.B.L. ("Naturschutz-Artenschutz-Biotopschutz-Landschaftsschutz", Naturschutzprogramm des Landes Kärnten, Abt. 8 - Kompetenzzentrum Umwelt, Wasser und Naturschutz; UA Naturschutz und Nationalparkrecht, UAbt.8NSch), gefördert wird die Pflege von alten Bäumen mit ca. 25,- Euro pro Baum.
Alle Förderungen unterliegen einem gewissen Procedere mit entsprechender Vorlaufzeit.
Kontakte
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- Haben Sie einen Kopfweidenbestand, der gepflegt werden müsste, aber keine Möglichkeiten, dies selbst durchzuführen?
- Haben Sie Weidenruten oder Produkte aus Weidenruten zu verkaufen?
- Möchten Sie ein Weidenbauwerk errichten und suchen nach entsprechendem Baumaterial?
- etc.
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